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AutorenbildJosef Köberl

1511,5 Meter in Minus 0,23 Grad – Wie war denn das?

Man könnte es ganz kurz formulieren – HART!

Das ist aber nicht ausreichend, um euch einen Einblick in meine Welt zu geben.


Dann beginne ich von vorne.


Der 10.07.2021 war ein sehr sommerlicher Tag. Schon am Weg zum Frühstück bemerkte ich, dass dies ein besonderer Tag wird. Mein Quartier hatte ich im Badhotel Kirchler www.badhotel-kirchler.at – übrigens das Hauptquartier der Eisschwimmer in Hintertux.

Jeden Tag am Weg zum Frühstück kam ich bei einem großen Spiegel im Gang vorbei. Mit meinem Spiegelbild machte ich immer kleine Späße, Grimassen oder ich grüßte freundlich. Doch am 10. war etwas anders. Da ging ich beim Spiegel vorbei und musste noch einmal zurück. Ich erkannte mein Spiegelbild nicht. Meine Körperhaltung war auf Angriff. Nicht, dass ich etwa verkrampft war – nein, ich war in einer speziellen Form gefasst.

Das Team brach nach dem Frühstück auf, um noch entscheidende Vorbereitungen für den Start zu treffen. Es war viel Arbeit und ich bin sehr dankbar für meine Crew.

Etwa eine Stunde nach meinem Team begab auch ich mich auf die Reise zum Natureispalast. Diese dauert meist etwa 40 Minuten. Mit dabei war ein Fernsehteam von ServusTV. Das mediale Interesse war geringer als sonst – Fußball EM und Olympia standen auch an!

Beim Anmeldebereich für die Touren im Natureispalast www.natureispalast.infoangekommen, wechselte ich von den obligatorischen hochgebirgstauglichen Flipflops von Aquasphere zu den Bergschuhen von Lowa – etwa 900g Unterschied und sehr warm.

Nun begann ich mit dem Abstieg in Richtung Höhleneingang. Mir war bewusst, sobald ich im Herzen des Gletschers bin, würde alles sehr schnell gehen. Für mich war es dann auch so.

Am Startplatz „Schiffsanlegestelle“ angekommen, waren alle bereit. Der Observer, also der Offizielle der Ice Swimming Association https://internationaliceswimming.com/iisa-ca-home/?id=14 , Martin Kuchenmeister und Gerald Daringer instruierten noch einmal das gesamte Team und wir gingen den Safety-Plan durch. Der Arzt, Dr Marc-André Leitgeb, legte seine Sicht der Dinge noch einmal klar und besprach einen möglichen Notfall mit uns.

Take of your clothes - Go into the water!

Alle Eis- und Winterschwimmer kennen wohl diese Ankündigungssätze. Ich bin nur noch Sekunden entfernt, um etwas nahezu Unvorstellbares zu tun – die Icemile im Natureispalast!

Viele Menschen (420) auf dieser Erde haben sie schon gemacht. Icemile = 1609,3 Meter bei 5 Grad und weniger. Tja, weniger hatte ich! Nicht nur in Graden, sondern auch in Metern. Aber alles der Reihe nach.

Motiviert steige ich ins Wasser. Go – wenige Meter nach dem Abstoß bemerkte ich, dass ich meine Uhr nicht aktiviert hatte. Nun drehte ich mich kurz auf den Rücken, um die Suunto Ambit 3 zu aktivieren. Zumindest versuchte ich es, doch das Wasser war zu kalt. Sie zeichnete auf, aber ich hatte keine Längenzeiten.

Die ersten 100 Meter liefen für mich ab wie geplant. Die Fingerkuppen begannen zu schmerzen, der Sauerstoff wurde knapper und das Gesicht brannte.

Sauerstoff ist so ein Thema! Da habe ich Stunden beim TravelDoc www.traveldoc.at/ verbracht. Bewusst eine Sauerstoffknappheit herbeiführen, um rote Blutkörperchen verstärkt zu produzieren. Bei meinem ersten Training, in der vorangegangen Woche, hatte ich das noch perfektioniert.

Nach 500 Metern spürte ich meine Finger nicht mehr. Das wusste ich schon. Nun verringerten sich auch meine 100 Meterzeiten. Zu Beginn hatte ich 1:44.

Bis etwa 1200 ging alles sehr gut. Dann spürte ich meine Finger wieder. Doch die schmerzten so sehr, dass ich im Wasser hätte schreien können. Da merkte ich auch den Jürgen Spitzbauer an meiner Seite. Mein Sicherheitsbuddy im Wasser. Stechende Schmerzen, die sich bis zum Knochen reinbohren. Bei 1300 merkte ich wie meine Füße absanken und ich, trotz dem ich meine Rücken und Bauchmuskulatur versuchte anzuspannen, diese nur schwer in eine gute Lage brachte. Bei 1400 Meter war ich noch absolut fokussiert auf das Ziel doch bei 1450 Meter schlug die Kältedummheit mit brachialer Gewalt zu. Meine Checkliste im Kopf wies große Lücken auf und die Schmerzen wurden stärker. Wenn die Checkliste nicht passt, dann muss ich Maßnahmen setzen.

Dann war ich bei 1500 Meter und ich konnte es nicht mehr nachvollziehen, ob dies nun 1500 oder 1600 waren. Meine 100 Meter Zeit war bereits bei 3 Minuten. Nun wollte ich das kleine Stück noch schwimmen, welches mir von 1600 Meter auf 1609,3 Meter fehlte. Im Glauben ich war gleich fertig. Also noch knappe 5 Meter und retour – Wendepunkt war eine kleine Österreich Flagge, die ich am Morgen von der Marktleiterin des ansässigen Einkaufsgeschäftes geschenkt bekam.



Kurz dachte ich, ich hätte die Meile geschafft. Doch dann vermittelten mir alle, es wären noch 100 Meter. Meine Regungslosigkeit zeigte Martin Kuchenmeister, dass es nun aus sei. Da klappte die Verständigung ohne ein Wort zu sagen – super Team!

Noch weiter zu schwimmen, wäre nicht gut ausgegangen. Wie es mir beim Recovery ging und was die Zahl 3289 bedeutet, erfahrt ihr im nächsten Blog!


Fazit: Checkliste beachtet, ich darf stolz darauf sein 1511,5 Meter in -0.23 kalten Wasser geschwommen zu sein und mich dabei 38 Minuten und 32 Sekunden in einem der wohl lebensbedrohlichsten Umfeld bewegt zu haben.


Danke meinem Team und meinen Unterstützern!


Der Start


Länge 15/13


Das Ende/Ziel


Fotos von Barbara Anderl und Michael Spitzbauer

Filme von Michael Spitzbauer


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